Das sind die besten phantastischen Romane der letzten 12 Monate. Jeden ersten Freitag im Monat stellen unabhängige Literaturkritiker*innen und Phantast*innen die besten Romane des Genres vor.

In diesem Mosaikroman erzählt Rebecca Campbell in Form von miteinander verbundenen Kurzgeschichten, wie sich die Klimakatastrophe auf eine kleine Region in Kanada auswirkt: Waldbrände treiben immer mehr Menschen in die Flucht, Fluten versalzen Böden, Straßen werden verschüttet, das Internet funktioniert immer seltener und Medikamentenlieferungen bleiben aus. Die Welt der Menschen schrumpft, bald wissen sie nicht mehr, was in der Welt außerhalb ihrer Region vor sich geht. Sie sind ohnehin mit ihrem eigenen Überleben beschäftigt, übernehmen die Gärten ihrer geflüchteten Nachbarn, bauen ihre eigenen Lebens- und Genussmittel an, retten Bücher aus einer zerfallenden Bibliothek und bauen Geigen für Kinder, die eine Zukunft haben sollen. Die Welt schwindet, doch es entsteht auch Neues und die Menschen erschaffen über die Jahrzehnte eine kleine Utopie …
Platzierung im Vormonat (3)

Die Menschheit reist ins Exil, auf dem fernen Mond Perm soll sie wieder sesshaft werden – doch der Planet scheint sich zu wehren. Giftige Luft, gefährliche Tiere und etwas noch dunkleres lauern dort. Und doch wirkt Lyneham wie ein zu Hause für Henry, Loy, Chester und ihren Vater. Zumindest so lange, bis sich die Ereignisse überschlagen. Wie so oft in Science Fiction werden hier auf ganz kleinem Raum die großen Fragen der Menschheit gestellt: Sind wir bereit zu teilen? Was bedeutet Menschsein? Und wie weit sind wir bereit zu gehen, wenn es um die eigene Familie geht?
Platzierung im Vormonat (10)

Epische Science Fantasy mit fliegenden Städten: In „The Surviving Sky“ formen Architekten mittels Technologie und Magie lebendige Städte, die als Refugien auf einem Dschungelplaneten mit verheerenden Stürmen dienen und immerzu neu strukturiert werden. Nakshar wird von Architekt Iravan geformt, dessen Ehe mit der Archäologin Ahilya eine schwere Krise durchmacht. Während ihre Beziehung zu zerbrechen droht, droht Nakshar der Absturz … Kritika H. Rao begeistert insbesondere mit ihrem komplexen, faszinierenden Worldbuilding sowie der Verbindung von Pflanzen und Magie.
Platzierung im Vormonat (1)

Europa ist in der Zukunft zu einer Megastadt geschrumpft, umgeben von einer postapokalyptischen Landschaft aus Müll – Proto. Mikroplastik mit Sand vermischt türmt sich zu Dünen auf und bizarre Skulpturen aus Plastiglomerat stechen in den trüben Himmel. Die Menschen flüchten vor der Realität in virtuelle Welten, verbringen ihre ganzen Leben dort. Doch als eine dieser Welten, Proxi, zerstört wird, wagen sich Tell, Kawi und die Biosynth Dion hinaus in die surreale Weite von Proto. Ihr Ziel: der geheime Server, auf dem das Backup von Proxi liegt. Tell und Kawi wollen ihre Leben zurück – doch will Dion das auch? In Proto erwartet sie neues Leben und so manche Überraschung …
CN: Agoraphobie, Gaming Disorder, Postklima, VR-Kalypse
Platzierung im Vormonat (5)

Wie es begann: Der Auftrag, rette einen Nerd, der unbekannten Schadcode ins Net gestellt hat. Wo es hinführte: Drei Schweizer Ermittlerinnen (= Detektivin, Samurai und Militär-KI) fliegen nach Christusland (ehem. USA), und stoßen auf die landläufige “Kultur“. Sprich: u.A. bewaffnete Nazigangs, Tech-Drogendealer, korrupte Staatsagenten, KI-Crawler und eine Echse. Wer Action mag, wird El Arbi lieben, denn niemand schreibt Actions Szenen so unfassbar gut wie er … beim Lesen kommen Kinovibes.
Platzierung im Vormonat (9)

“When Women were Dragons” schildert die Geschichte der jungen Alex, die sich nach einem großen Drachenwandeln, bei dem Frauen sich in die Fabelwesen verwandelten und ihre Familien zurückließen, in der neuen Realität zurechtfinden muss. Kelly Barnhill behandelt in ihrem Alternative-History Werk wundervolle Themen wie Found Family und Coming of Age und hat mit Alex eine sehr nahbare Protagonistin geschaffen. Sie schreibt dermaßen packend, dass es eine wahre Freude ist, sich in dieses Sittengemälde der USA in den 1950er Jahren zu vertiefen.
Platzierung im Vormonat (2)

Kann es eine diskriminierungssensible Version von Agatha Christies Hercule Poirot als Fernsehserie geben? Darf Poirot Schwarz sein? Muss die Queen weiß sein? Und was sagen Sherlock Holmes, Doctor Who und Gandhi dazu? Mithu Sanyal hat hier einen fulminanten Zeitreise-Thriller erschaffen, der Kolonialismus, Nationalismus, Orientalismus, gewaltfreien Widerstand, kulturelle Aneignung und die Selbskonsistenztheorie am Beispiel des Londoner India Houses Anfang des 20. Jahrhunderts verhandelt. Denn „Die Zukunft ist bereits geschehen. Alles, was wir gestalten können, ist die Vergangenheit“ und „Zeitreisen war/ist nichts für Feiglinge!“
CN: Alkoholkonsum, Kolonialismus, Rassismus, Sexismus, Tod und Verlust von Familienmitgliedern
Platzierung im Vormonat (7)

Die letzten Überlebenden der Katastrophe, die der Menschheit ein Ende setzte, leben auf einer kleinen Insel im Mittelmeer. Nachdem eine Wissenschaftlerin, die sich für das Weiterleben der Gemeinschaft verantwortlich zeichnete, ermordet wurde, muss in nur 107 Stunden der*die Täter*in gefunden werden, bevor der todbringende Nebel die Insel erreicht. Technologie und Wissenschaft, Natur und Umwelt sowie die Dynamik von Gemeinschaften in Extremsituationen sind Schlüsselthemen, die Stuart Turton wendungsreich in diesem Genre-Mix aus Dystopie, Science-Fiction und Kriminalroman zu einem packenden Leseerlebnis verwebt.
Platzierung im Vormonat (-)

Cora ist 12, Autistin und will Reporterin werden. Sie lernt Adrien kennen, der ADHS hat, und sie werden schnell beste Freunde. Adriens Vater ist der Chef einer Firma, die Hologramme herstellt, mit denen man das Abbild von Toten bewahren und mit ihnen reden kann, als wären sie noch hier. Cora ist fasziniert. Bis sie merkt, dass etwas an der Sache ganz und gar nicht okay ist. Own-Voice-Autorin Elle McNicoll zeigt ein Szenario, das noch Science Fiction, aber in Zeiten von Perfektionswahn und AI absolut nicht unrealistisch ist.
CN: Ableismus, Alkohol (erwähnt), Allismus, Ausgrenzung (angedeutet), Eugenik (erwähnt), Fahrerflucht, Koma, Saneismus, Trauer, Tod, Unfall
Platzierung im Vormonat (-)

Reese Witherspoon hat dieses Buch in ihrem Bookclub empfohlen und völlig zurecht: Dies ist kein typisches Generationsdrama, das an einem atemberaubend schönen Ort spielt, sondern viel mehr. Die Bibliothekarin Jane kommt nach dem Tod ihrer Mutter zurück in ihren Heimatort an der Ostküste der USA. Sie will eigentlich den Nachlass ihrer Mutter aussortieren, wird aber von einer Anwohnerin angeheuert, die Geschichte ihres kürzlich erworbenen Hauses auf den Klippen zu erforschen. Jenes Haus war Jane als Teenager ein Zufluchtsort, damals schon dem Verfall nahe. Jane ist fasziniert und gerät in eine Geschichte hinein, die bis zu den ersten Kolonialisten zurückgeht. Die Autorin verwebt hier mehrere Frauenschicksale, Frauen, die einst in dem Haus gewohnt haben und sogar indigene Frauen, die schon auf der Klippe standen, ehe dort ein Haus stand. Dazu kommt eine Geistergeschichte und immer wieder kleine Abzweigungen ins Übernatürliche. Magisch, ungeschminkt und voller Frauenpower!
CN: exzessiver Alkoholmissbrauch, Esoterik, Grabschändung, Kolonialismus, Misogynie, Tod eines Kindes
Platzierung im Vormonat (-)
Schreibe einen Kommentar