Das sind die besten phantastischen Romane der letzten 12 Monate. Jeden ersten Freitag im Monat stellen unabhängige Literaturkritiker*innen und Phantast*innen die besten Romane des Genres vor.
Ein Roman, den man als Sinnbild für das nehmen könnte, was “phantastisches” Be-/Schreiben” ausmacht: Die Geschichte eines Reichs/Imperiums aus den verschiedenen Sichten von Märchenerzählern, einfachen Leuten, den jeweiligen Herrschern – und ein Sinnbild dafür, dass Politik und Geschichte immer aus dem Auge des Betrachters ge- und beschrieben wird. Und sich deshalb “Wahrheit” nie fassen lässt – was ja in Zeiten von “fake news” eine ganz aktuelle Bedeutung erhält…
Platzierung im Vormonat (1)
Gemina vom Autorenduo Jay Kristoff und Amie Kaufman ist der zweite von insgesamt drei Bänden aus der Romanreihe “Die Illuminae Akten”, die bei DTV veröffentlicht werden. In Gemina erleben wir den hinterhältigen Überfall der Raumstation Heimdall durch eine kriminelle Organisation, die die Ereignisse des ersten Romans mit aller Gewalt vertuschen will. Doch die Rechnung wurde nicht mit Hanna, Tochter des Stationskommandanten gemacht. Schlagkräftig und tough weiß sie sich zur Wehr zu setzen.
Gemina ist dabei nicht nur ein packendes SciFi Abenteuer, welches fantastische Parallelen zu Stargate und Stirb Langsam aufweist, sondern zudem noch atemberaubend gestaltet ist.
Platzierung im Vormonat (-)
Gemächlich bewegt sich das Raumschiff Bona Dea im von Lucius Marinus am Rande des Weltalls, bietet viel Dekadenz, Schaukämpfe mit Sklaven und frivole Gelage neben politischen Intrigen und Manipulationen. Als das Schiff jedoch von einer fremden Macht angegriffen wird, überleben dies nur Lucius, seine Tochter Constantia Marina und der Sklave Ianos. Weil dieser der jungen Frau das Leben rettet, wird er zum Dank auf die Gladiatorenschule geschickt – und wird zum Zeugen des Spartakus-Aufstandes. “Roma Nova” benötigt etwas Zeit für die Entfaltung, doch dann offenbart diese erfrischend andere Space Opera eine fast unerschöpfliche Vielfalt an Figuren, Intrigen und historischem Wissen. Wer die Wege abseits der gewohnten Mittelalter-Phantastik betreten will, kann beruhigt zu diesem Buch greifen.
CN: Horror, körperliche Gewalt, Sex (explizit), Sklaverei, Rassismus, Vergewaltigung
Platzierung im Vormonat (3)
„Terra“ lautet der Titel des aktuellen Romans von Tom und Stephan Orgel, die ihre Werke gemeinsam als T. S. Orgel verfassen. Diesmal geht es nicht in Fantasywelten sondern in die Tiefen des Alls, wo eine unerfreuliche Fracht Kurs auf die Erde genommen hat, mit welcher sich die Charaktere des Romans auseinandersetzen müssen. Spannend, teils humorvoll und mit überzeugenden Charakteren kann das Werk punkten, auch wenn das Potenzial dieser speziellen Zukunft nicht voll ausgeschöpft wird.
Platzierung im Vormonat (-)
Red Rising 4 – Asche zu Asche von Pierce Brown aus dem Hause Cross Cult ist ein überraschend politisches, intrigantes Abenteuer in den weiten unseres Sonnensystems, welches uns auf eine emotionale Achterbahnfahrt schickt und mit unseren Nerven spielt und dabei zahlreiche Cliffhanger und offene Enden parat hält, die den Leser auf eine Geduldsprobe stellt. Abwechslungsreiche Charaktere, unterschiedliche Welten und ein atemberaubender Plot bereiten Kennern der Reihe spannende Lesestunden und Herzschmerz.
Platzierung im Vormonat (7)
Nora Bendzko veröffentlicht mit ihren Galgenmärchen Thriller-Adaptionen von Grimms Märchen. In “Hexensold” interpretiert die Autorin “Rapunzel” nicht nur mit phantastisch-magischen Elementen, sondern auch mit der Überlegung: Was wäre, wenn die Hauptperson dieser Geschichte ein Mann wäre? Elegio wohnt mit seinem Vater abgeschieden in einem Turm und lernt dort nicht nur mit Waffen und Giften umzugehen, sondern schneidert auch gern seine eigenen Kleider. Fast durch Zufall kann er ein Kleid anprobieren — und so beginnt Rapunzels Geschichte. Nora Bendzko lässt hier behutsam Aspekte von Geschlecht und Fluidität einfließen, und das ganz natürlich neben dem düsteren und gruseligen Setting.
Platzierung im Vormonat (-)
Ein brachialer Antiheld (irgendwo angesiedelt zwischen Sandor Clegane und Mad Max) kämpft sich durch eine kaputte, extrem gewalttätige Fantasywelt, in der Götter und gottgleiche Magier Krieg führen. Ed McDonald entfaltet ein bildgewaltiges, albtraumhaftes Untergangsszenario, voller verstörender, ultrabrutaler Kampfszenen und eine durch und durch düstere, hoffnungslose Atmosphäre, die nur gelegentlich von einem lakonischen Spruch unseres Protagonisten durchbrochen wird. “Im Zeichen des Raben” ist ein richtig spannendes, aber bluttriefendes Abenteuer und daher absolut nichts für Zartbesaitete. Hartgesottene Fantasyfans werden dagegen voll auf ihre Kosten kommen!
Platzierung im Vormonat (-)
In naher Zukunft klafft die Schere zwischen Arm und Reich so weit auseinander wie noch nie. Immer mehr Leute nutzen die technischen Möglichkeiten und den Ressourcenüberfluss, um aus der von dem sprichwörtlichen einen Prozent kontrollierten Gesellschaft auszusteigen und ihrer eigenen Wege zu gehen. Ohne Staatszugehörigkeit, ohne geschriebene Gesetze gelten diese sogenannten Walkaways als Vagabunden, Verbrecher oder Terroristen. Doch als drei Freunde den Ausbruch aus dem System wagen und selbst zu Walkaways werden, erwartet sie dort keine Anarchie, sondern eine völlig neue Art des selbstbestimmten Zusammenlebens – und ein wissenschaftlicher Durchbruch, der die Welt verändern könnte…Cory Doctorow macht in seiner Utopie der Verweigerung keine halben Sachen: Seine Figuren sind zuversichtliche Idealisten, die begriffen haben, dass ihre Entscheidungen nicht nur ihr eigenes Leben beeinflussen, sondern auch die Gesellschaft bestimmen können, die sie sich aufbauen. Es ist ihm absolut ernst mit dem Versuch, umzudenken und neue Geschichten für eine andere Zukunft zu finden, und das merkt man beim lesen.
Platzierung im Vormonat (-)
“Nevernight – Das Spiel” setzt die epische Rachegeschichte über die Assassine Mia fort. Auch wenn das Thema der Trilogie simplen Rachegedanken nachgeht, schafft es Jay Kristoff auf unglaublich dichte und brillante Weise, seinen Darstellern eine erfreuliche Tiefe mit zu geben. Dabei entsteht auch eine Geschichte über Freundschaften und Abhängigkeiten untereinander. Sehr bildgewaltig und für jede Generation uneingeschränkt geeignet.
Platzierung im Vormonat (-)
Wie fast jedes Buch von Tobias O. Meißner hält uns auch dieses den Spiegel vor. Seine Gesellschafts- und Konsumkritik kommt schleichend und subtil daher, der Autor lässt den Leser*innen immer die Entscheidung, anstatt selbst zu richten. Das erschwert es mitunter, seine Bücher einzuordnen, was sie aber auf der anderen Seite auch interessant macht.
In der Gameshow “Dungeoncrawler” geht es nur darum, Kreaturen abzuschlachten und zu Überleben. Zur Belustigung des Publikums. Die Idee ist so alt wie die Menschheit. Mitleid mit anderen Wesen haben die Buchfiguren manchmal, aber selten. Doch sind sie dabei so anders als wir? Meißners Bücher regen zum Nachdenken und Hinterfragen an.
Platzierung im Vormonat (-)
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