Das sind die besten phantastischen Romane der letzten 12 Monate. Jeden ersten Freitag im Monat stellen unabhängige Literaturkritiker*innen und Phantast*innen die besten Romane des Genres vor.
Übersetzung: Susanne Gerold, Knaur, 432 Seiten, broschiert, ET: 03. Februar 2020, 14,99 €.Buch kaufen bei
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„Brennender Fels“ ist Teil 2 von N. K. Jemisins großartiger Trilogie „Die große Stille“, und auch in der Fortsetzung geht es genauso episch weiter wie in Teil 1, „Zerrissene Erde“. In jedem Moment spannend, überraschend, und poetisch erzählt, widmet sich der Roman der Geschichte von Essun und ihrer Tochter, die in immer gewaltigere Ereignisse hineingezogen werden. Es stellt sich heraus, dass es um nichts Geringeres geht, als das Überleben aller Bewohnenden des Planeten.
CN: Alkoholkonsum, Blut, Body Horror, Fremdenfeindlichkeit, Gewalt an Kindern, Klassismus, körperliche & psychische Gewalt, Mord, Verlust & Tod von Familienmitgliedern
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Die Menschheit steht gefühlt am Rande des Abgrunds, denn eine Künstliche Intelligenz verwandelt von ihr infizierte Menschen in gefühllose Wesen. Diese werden technisch aufgerüstet und können nur schwer bei Angriffen zurück geschlagen werden. Mehrere junge Leute werden nun in diesen Kampf geworfen, der von ihnen alles abverlangt – und den sie gewinnen müssen, wenn sie die Menschheit bewahren wollen.
Platzierung im Vormonat (6)
In einer phantastischen Welt, deren Alltag vor allem vom Regen bestimmt wird, treffen sich Riagh und Nuzar. Die beiden Männer sind mit völlig unterschiedlichen Werten aufgewachsen und stehen eigentlich auf verschiedenen Seiten eines alten Krieges. Annette Juretzki hat mit “Von Rache und Regen: Regentänzer” einen Roman im Stream of Consciousness-Stil geschrieben, der sich viel mit den (romantischen) Gefühlen der beiden Protagonisten beschäftigt und damit einen Fokus auf die Charakterentwicklung legt. Das Buch wird regelrecht lebendig durch die Dynamik der beiden Figuren und der tolle Weltenbau rundet das Ganze ab.
Platzierung im Vormonat (-)
Laylay und Zeeto leben in einem postapokalyptischen Deutschland, in dem sich die Menschen zu unterschiedlichsten Gemeinschaften zusammengeschlossen haben: Brutale Bikergangs gibt es genauso wie Sekten und stationäre Siedlungen, die vom Handel leben und zutiefst pazifistisch und menschenfreundlich eingestellt sind. Das fragile Gleichgewicht wird jedoch gestört, als Zeeto im verseuchten Ödland ein mysteriöses Baby findet. Eine Utopie in der Dystopie, die unglaublich lustige Momente hat, die Lesenden aber auch sehr nachdenklich zurücklässt.
CN: Bipolare Neurodivergenz, Depressionen, körperliche Gewalt, Sex (explizit), sexualisierte Gewalt (erwähnt), Sklaverei (erwähnt)
Platzierung im Vormonat (2)
Eine Rückkehr zum mythischen Erzählen jenseits abgegriffener Psychologisierungen des realistischen Mainstream-Romans – kann das in der entzauberten postmodernen Welt gelingen? Marlon James´ Roman ist der Beweis: In “Schwarzer Leopard, roter Wolf” wird die Welt nicht erklärt, sondern bebildert. Der Autor vertraut auf die Dynamik seiner Fabulierkünste, wenn er den homosexuellen Ich-Erzähler auf eine epische Queste durch ein brutales Parallelwelt-Afrika grauer Vorzeiten schickt. Abseits standardisierter Handlungsmuster, und dazu noch völlig eigenständig im Sound, haucht die Sprachgewalt dieses Hybrids zwischen Mythos und Sozialkritik dem phantastischen Roman neues Leben ein.
Platzierung im Vormonat (10)
Jaskandris in der Antarktis ist die letzte Stadt auf der Erde. Die Gesellschaft der letzten Menschen ist um Künstliche Intelligenzen, die sie aus einer Alieninvasion retteten, herum aufgebaut und wird vor allem mit Hilfe von Symbionten gesteuert — Menschen mit eingebauten Interfaces, die mit der KI und den Systemen der Stadt interagieren können. Die Hauptfigur Gamil entdeckt zu Beginn der Geschichte ein ungewöhnliches Signal und folgt ihm. Er muss nun mit seinen Gefährt:innen den wahren Zweck von Jaskandris herausfinden und gegen die KI arbeiten. James Sullivan hat mit “Die Stadt der Symbionten” nicht nur eine rasante Story geschrieben, sondern auch viele interessante Ideen zur Zusammenarbeit von Menschen und Computersystemen erarbeitet.
Platzierung im Vormonat (3)
Leigh Bardugo, die mit “Das Lied der Krähen” bereits auf den Bestsellerlisten vertreten war, schaltet in ihrem neuen Roman einen Gang höher, was die Darstellung von Gewalt und Gekröse angeht: Ihre Protagonistin Alex, Studentin an der Universität Yale, besitzt die Fähigkeit, Geister zu sehen, und gerät in ein Mord- und Verschwörungskomplott, weil ihre Elite-Uni hinter den Kulissen und nur für Eingeweihte sichtbar von schwarzen Magiern beherrscht wird, die miteinander so manches Hühnchen zu rupfen haben. Bardugo erzählt durchweg packend – die krude Story nimmt man ihr jedoch nicht so ganz ab.
Platzierung im Vormonat (-)
Übersetzung: Monika Baark, Berlin Verlag, 576 Seiten, gebunden, ET: 10. September 2019, 25,00 €.Buch kaufen bei
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Mit „Die Zeuginnen“ hat Margaret Atwood 34 Jahre nach Erscheinen des Vorgängers „Der Report der Magd“ eine Fortsetzung ihrer tief beeindruckenden und verstörenden Dystopie veröffentlicht. „Die Zeuginnen“ liefert so ziemlich alles, was man sich von einer Fortsetzung wünschen könnte, und beantwortet die meisten offenen Fragen – an die beklemmende und eindringliche Energie des Vorgängers reicht der Roman jedoch leider nicht ganz heran.
Platzierung im Vormonat (5)
Übersetzung: Beate Brammertz, Ute Brammertz, Heyne fliegt, 480 Seiten, gebunden, ET: 23. September 2019, 17,00 €.Buch kaufen bei
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Der Auftakt der Trilogie der US-amerikanisch-japanischen Autorin weist ein interessantes Gemisch aus exotischer Fremdheit für westliche Rezipient*innen und gleichzeitig genügend bekannte Plot- und Rollenmuster auf. Die beiden Hauptfiguren Yumeko (eine Kitsune, ein magisches Geschöpf, das sich sowohl in einen Menschen als auch einen Fuchs verwandeln und zaubern kann) und Tatsumi, ein Dämonenjäger, sind beide damit beauftragt eine magische Schriftrolle zu verschiedenen Bestimmungsorten zu bringen. Durch Täuschung gelingt es Yumeko, ihn zu überzeugen sie auf ihrer gefährlichen Reise zu begleiten. Humorvoll, spannend und voller Eindrücke in die japanische Kultur.
Platzierung im Vormonat (6)
In einer ernährungsoptimierten Gesellschaft, die Lebensmittel gerecht nach Kalorienbedarf verteilt, ist es endlich gelungen, das Bewusstsein einer Person in den Körper einer anderen zu transferieren. Doch genutzt wird diese bahnbrechende neue Technologie primär dazu, reichen Menschen das Abnehmen zu ersparen. In den Körpern ihrer Fitnesstrainer*innen können sie nämlich ein bequemes Leben führen, bis sie in den eigenen, nun gut durchtrainierten Leib zurückkehren können. Doch als der Körper einer unschuldigen jungen Frau gestohlen wird, macht sich die Schattenseite des Systems bemerkbar. Melanie Vogltanz gelingt klug, witzig und pointiert, dabei aber auch eindrucksvoll schmerzhaft, ein geradliniger und wohlkonzipierter Science-Fiction-Thriller rund um das Thema Leiblichkeit, der spüren lässt, dass es wenig persönlicheres gibt als den eigenen Körper, und sich der Frage widmet, in welchen Situationen diese persönliche Grenze überschritten wird. Dass neben Ernährungsmustern andere zentrale Handlungselemente chronische Krankheiten und die Pflege von Angehörigen sind, verleiht dem Ganzen ein Gewicht, das bei einem so kurzen Buch überrascht, sich aber zugleich vollkommen folgerichtig anfühlt. Chapeau!
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