Das sind die besten phantastischen Romane der letzten 12 Monate. Jeden ersten Freitag im Monat stellen unabhängige Literaturkritiker*innen und Phantasten die besten Romane des Genres vor.
Auf den ersten Blick wirkt Hamills Roman wie die handelsübliche Geistermär vom Spukhaus, und gewissermaßen bestätigt sich das auch. Doch zwei Elemente heben “Das Haus der finsteren Träume” aus der Masse der Haunted-House-Romane hervor: Eine gut ausgearbeitete Familiengeschichte, die Charles Dickens wie Stephen King gleichermaßen Ehre machen würde. Und die vielen postmodernen Anspielungen auf literarische Vorgänger, allen voran H. P. Lovecraft, auf dessen übernatürlichem Bestiarium Hamills Horror gründet. So gelingt dem Autor ein Gruselvergnügen der anspruchsvollen Art für Aficionados, die schon jedem Schreckgespenst zwischen zwei Buchdeckeln persönlich die Hand geschüttelt haben.
Platzierung im Vormonat (10)
Gideon will nur eins: runter von diesem Planeten! Und vor allem weg von der Tochter der Herrscherfamilie, mit der sie aufgewachsen ist. Doch als diese ihr die Freiheit anbietet, im Gegenzug zu einer einzigen Mission, schlägt Gideon ein. Allerdings entwickelt sich die Mission anders als erwartet, und alle scheinen ein doppeltes Spiel zu spielen… Wer witzige Science Fiction mit einem Hauch von Fantasy und Splatter mag – dazu noch mit einer schlagkräftigen Protagonistin im doppelten Sinne – der ist bei “Ich bin Gideon” genau richtig.
Platzierung im Vormonat (5)
2066 – Kaaro besitzt die außergewöhnliche Fähigkeit, über die von den Aliens verbreitete, sporenartige Xenosphäre auf Gedanken, Gefühle und Erinnerungen anderer Menschen zuzugreifen. Wegen seiner Begabung arbeitet er nicht ganz freiwillig für eine geheime Regierungsbehörde, um Kriminelle aufzuspüren. Doch als eine unsichtbare Seuche beginnt, andere mit derselben Begabung zu töten, setzt Kaaro alles daran, herauszufinden, wer oder was dahintersteckt.
Platzierung im Vormonat (6)
Dare to fly! Die Pilotin Danai flüchtet aus ihrem bisherigen Leben zu ihrer Mutter, der Chefin einer Jockey-Gang, die mit Streams von atemberaubenden Stunt-Weltraumflügen und unzähligen Followern ihr Geld verdient. Dort erkämpft sie sich Anerkennung und Freiheit, doch gegen die Schwerkraft ihrer Entscheidungen aus der Vergangenheit hat sie keine Chance. Politik, Wirtschaftsinteressen und tödliche Luftkämpfe – diese Kombination verspricht Spannung bis zur letzten Seite!
CN: Genozid, körperliche Gewalt, PTBS, Sex (explizit), Sprechstörung
Platzierung im Vormonat (7)
Aus den ehemaligen USA sind die Gläsernen Nationen geworden, wo die Menschen nicht mehr nach Rasse oder Geschlecht beurteilt werden. Die einzige Einteilung, die es noch gibt, unterscheidet zwischen Rationalen und Emotionalen, Letztere gelten als anfälliger und sollen von Ersteren geschützt werden. Soweit die Propaganda … Obwohl der Plot nicht ganz neu ist, gelingt es der Autorin die jeweiligen Charaktere sehr geschickt, einfühlsam und nachvollziehbar und die Handlung durchweg spannend zu beschreiben.
Platzierung im Vormonat (8)
Auch der zweite Teil von Haderers Dark Fantasy Reihe “Black Alchemy” lebt von den beiden sehr verschiedenen Protagonisten mit ihren diversen Ecken und Kanten. Mirage und Zejn werden nach dem Katz-und-Maus-Spiel des ersten Bandes zu unfreiwilligen Verbündeten auf der Suche nach Nifs Rückgrat.
Platzierung im Vormonat (9)
Ähnlich wie in einer Geschichte von Stephen King befinden wir uns in Chboskys umfangreichem Werk in einer konservativen, gutbürgerlichen Kleinstadt. Eines Tages verschwindet der mit seiner alleinerziehenden Mutter in Mill Grove lebende Junge Christopher im naheliegenden Wald und taucht erst nach sechs Tagen wieder auf. Die Darbietung ähnelt dem literarischen Vorbild Stephen Chboskys – gleichzeitig entwickelt er ausreichend eigene Ideen, um sich davon abgrenzen zu können. Problemlos wechselt Chbosky die Ebenen und fordert die Fantasie seines Lesers, denn der Eintritt in den Wald führt uns manchmal auch in andere Welten. Interessanterweise schafft es Chbosky dabei nicht nur, den Leser auf eine phantasievolle, hervorragende und spannende Art zu unterhalten, sondern auch einen über 300 Seiten andauernden Show-Down hinzulegen – zusätzlich gewürzt mit einer Wendung, die man zwar ahnen, jedoch nicht wirklich vorhersagen kann.
Platzierung im Vormonat (9, August 2020)
Der dritte Band von Jemisins Die-große-Stille-Trilogie bringt die Reihe zu einem würdigen Abschluss. Die Geschichte von Essuns Suche nach ihrer Tochter Nassun ist eine Geschichte von Hass und Unterdrückung, Hoffnungslosigkeit und zerstörerischer Wut, aber auch von unerwarteter Freundschaft, Gemeinschaft und Liebe. Nachdem es Essun nicht gelungen ist, sie zu finden, ist Nassun Schaffa in die Hände gefallen, ohne zu ahnen, dass dieser Geist aus der Vergangenheit der ärgste Feind ihrer Mutter ist. Schaffa wird von einer Macht kontrolliert, die nur ein Ziel kennt: Alles Leben auf der Erde zu vernichten. Dazu braucht er Nassuns Hilfe und nach allem, was das kleine Mädchen bisher erlebt hat, scheint ihm ein solches Ende eher wünschenswert. So bringen Jahrhunderten der Versklavung und einem Leben im Verborgenen gefährden nun als kollektives Trauma die Erde an den Rand des Untergangs.
Platzierung im Vormonat (-)
Im Jahr 2257 besiedelt die Menschheit zahlreiche Planeten der Galaxie, die zunächst von Forschungsteams erkundet und bewohnbar gemacht werden. Auch die junge Xeno-Biologin Kira ist Teil einer solchen Mission, die allerdings bald zum Horrortrip wird. Eine außerirdische Intelligenz dringt in ihren Körper ein, um alle übrigen Crew-Mitglieder auszulöschen. Die Bedeutung von Kiras Wandlung unter dem Einfluss der fremden Lebensform nimmt nach und nach kosmische Ausmaße an. Ob es sich dabei um Fluch oder Segen für die menschliche Spezies handelt, bleibt lange Zeit offen. Christopher Paolini, bekannt als Autor der „Eragon“-Romane, wendet sich der Science-Fiction zu. Mit großem Spaß an der Sache zitiert er sowohl filmische als auch literarische Vorbilder, von „Alien“ bis zu „2001 Odyssee im Weltraum“, ohne diese und andere Referenzen einfach plump zu kopieren. Die Anspielungen sind stets bewusst platziert und deuten jeweils eine erzählerische Richtung an, die bereits im nächsten Plot-Twist wieder eine unerwartete Wende nimmt. Alle technischen und biologischen Details hat der Autor beeindruckend genau recherchiert; auch stilistisch und in Bezug auf die Figurenzeichnung hebt sich der mehr als tausendseitige Roman von der mitunter lieblosen Massenware ab, die das Genre hervorbringt. Deshalb ist „Infinitum“ nicht nur für Science-Fiction-Fans sehr zu empfehlen!
Platzierung im Vormonat (-)
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