Das sind die besten phantastischen Romane der letzten 12 Monate. Jeden ersten Freitag im Monat stellen unabhängige Literaturkritiker*innen und Phantast*innen die besten Romane des Genres vor.
Drei sehr unterschiedliche Reisende stranden auf einem Transit-Planeten. Was eigentlich nur ein kurzer Zwischenstopp in einem ‚Motel‘ sein sollte, wird ein mehrtägiger Aufenthalt, in dem sich die drei und ihre zwei Gastgeber notgedrungen intensiver aufeinander einlassen müssen, als sie das eigentlich vorhatten. Aus dieser Situation spinnt Becky Chambers ein feines erzählerisches Geflecht, in dem es eben nicht um die großen Heldentaten geht, sondern um die alltäglichen Sorgen und Interaktionen der Aliens, die für ein paar Tage zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammengefügt werden.
Platzierung im Vormonat (1)
Es ist passiert! Anders wacht eines Morgens auf und ist nicht mehr weiß! Was bedeutet es, weiß oder nicht weiß zu sein, und vor allem: Was bedeutet es, von der vermeintlichen Norm abzuweichen? In ›Der letzte weiße Mann‹ stellt Mohsin Hamid die anscheinend nie an Aktualität zu verlierenden Fragen zum Thema Rassismus, analysiert internalisierte Denkmuster, geht auf die Wichtigkeit von Allyship und Menschlichkeit ein und dekonstruiert White Fragility Stück für Stück bis zum Grundstein!
CN: Rassismus, Ableismus, Verlust von Familie
Platzierung im Vormonat (-)
Für ihre Mars-Mission gehen ESA-Astronaut Marlon, Bioinformatikerin Rain und Ingenieurin Sunita eine Space-Symbiose ein. Ihre Reise führt sie jedoch am roten Planeten vorbei zum Saturnmond Titan, wo sie einem Notsignal folgen und auf eine illegale Forschungsstation stoßen. Dort erwartet sie Wissenschaftlerin Verve, die in einem gigantischen Methansee biologische Experimente durchführt und eine neue Evolution in Gang setzt. So verändern die Menschen den Titan – doch der Titan verändert auch sie …
Platzierung im Vormonat (3)
Einem Menschen mit medizinischen Mitteln Erinnerungen entnehmen und sie ggf. anderen einpflanzen zu können, birgt nicht nur die Möglichkeit, psychische Erkrankungen zu heilen, sondern ist auch eine (ethisch heftig umstrittene) lukrative Einnahmequelle. Mika verkauft schöne Erinnerungen, scheinbar ohne den Verlust zu spüren. Erst als er seiner Kindheitsfreundin Lynn begegnet, an die er sich nicht mehr erinnern kann, merkt er, was ihm fehlt. Doch kann er einfach so aufhören?! Eine spannende near-future-fiction mit Tiefgang, die auch lange nach dem Lesen nicht loslässt!
Platzierung im Vormonat (5)
Die junge Protagonistin Taylor kennt die echte Welt nur von Bildern: Sie wurde groß in Emerdale, einem geheimen Militär-Labor, in der an der DNA von Kindern rumgeschraubt wird, um sie zu Super-Soldaten zu machen. Taylor ist von allen die Gefährlichste, da ihre Telekinese-Kräfte eine wahre Wucht sind. Eines Tages wird sie unverhofft von einem der Doktoren aus der Anstalt geschleust und findet sich in einem plötzlich gewöhnlichen Leben in LA wieder, mit College und Strandbars. Dort lernt sie Jonathan kennen. Der einstige Filmstar hadert nach einem Unfall mit dem Verlust eines Beines und findet in Taylor eine mysteriöse neue Freundin, die ihn zum ersten Mal wieder Licht am Horizont sehen lässt. Der YA-Roman ist flüssig und spannend erzählt, die wechselnde Perspektive zwischen Taylor und Jo machen das ganze nochmal extra reizvoll und es entsteht eine Dynamik, die einen das Buch nicht mehr weglegen lässt. Mir hat besonders imponiert, dass beide Figuren nicht perfekt sind, jeder hat sein Päckchen zu tragen und besondern bei Taylor wird klar: Selbst Superkräfte helfen nicht gegen schweren, emotionalen Ballast, sie muss sich dennoch anderen Menschen öffnen, um klar zu kommen.
Platzierung im Vormonat (8, 08/22)
Die heiligen Wälder von Keyll Naomh sind in Gefahr und nur der arrogante Prinz und frisch gekürte Prophet Severyn und die bunt zusammengewürfelte Truppe der Hellen Barden können sie vor dem Angriff der Mottenmonster bewahren. „Eschenelegie“ ist der Auftakt der Dark Fantasy-Reihe „Lieder der Wälder“. Marleen S. Meri wartet mit einer faszinierenden, vom Paganismus inspirierten Welt auf, einem Panoptikum unterschiedlicher Figuren, viel Humor und Reimen und handgezeichneten Illustrationen.
CN: Eugenik
Platzierung im Vormonat (-)
Ein trans Junge, der von seiner LatinX Community nicht als valider Geisterbeschwörer akzeptiert wird, beschwört wenige Tage vor dem Día De Los Muertos den Geist eines ermordeten Mitschülers und verliebt sich prompt. Aiden Thomas’ Debütroman ist nicht nur eine unterhaltsame Jugendromanze, sondern bettet die Queerness des Protagonisten so souverän in die phantastische Handlung ein, wie man es selten gesehen hat. Das immer mitschwingende Verhältnis zwischen Transgeschlechtlichkeit und kultureller Tradition, der spielerische Umgang mit dem Thema Tod und die liebevolle Darstellung der Gen-Z-Figuren machen den Roman auch für Erwachsene zu einem Gewinn.
Platzierung im Vormonat (-)
Im Abschlussband dieser fulminanten High-Fantasy-Dilogie „A Psalm of Storms and Silence – Die Magie von Solstasia“ führt uns die Autorin Roseanne A. Brown in die magische Welt des Königreichs Sonande, die von westafrikanischer Kultur und Folklore inspiriert ist. Neben einer Liebesgeschichte, die gegen hegemoniale Männlichkeit und klassistische Machthierarchien zu bestsehen versucht, thematisiert Brown auch Sexismus und Rassismus. Progressive Fantastik vom Feinsten!
CN: Selbstverletzung, Mord und Gewalt, Trauma, emotionaler und körperlicher Missbrauch, Verlust der Familie
Platzierung im Vormonat (-)
Der Nachfolger von Hugo Award Winner “Im Herzen des Imperiums” macht alles genau richtig und setzt die Geschichte atemlos dort fort, wo sie im ersten Teil endete: Eine unbekannte Alien-Spezies greift Planeten am Rande des Imperiums an, und wer könnte besser zwischen dem Imperium und Fremden vermitteln als eine Fremde selbst. So wird Mahit Dzmare wieder in politische Ränke gezogen und kämpft am Ende doch einfach nur ums eigene Überleben.
Platzierung im Vormonat (-)
Der Titel ist Programm: In „Fairy Tale“ verzichtet Stephen King weitgehend auf den Horror, der ihn bekannt gemacht hat, um eine Zwei-Welten-Fantasy-Story über einen problembeladenen Teenager zu erzählen, der im Schuppen eines Nachbarn das Portal in eine magische Welt entdeckt. Eigenen Angaben zufolge schrieb King den Roman als mentalen Ausbruchsversuch aus der Lockdown-Situation. Den Spaß, den er sich damit gegönnt hat, merkt man dem Roman deutlich an.
Platzierung im Vormonat (-)
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