Das sind die besten phantastischen Romane der letzten 12 Monate. Jeden ersten Freitag im Monat stellen unabhängige Literaturkritiker*innen und Phantast*innen die besten Romane des Genres vor.
Der Nachfolger von Hugo Award Winner “Im Herzen des Imperiums” macht alles genau richtig und setzt die Geschichte atemlos dort fort, wo sie im ersten Teil endete: Eine unbekannte Alien-Spezies greift Planeten am Rande des Imperiums an, und wer könnte besser zwischen dem Imperium und Fremden vermitteln als eine Fremde selbst. So wird Mahit Dzmare wieder in politische Ränke gezogen und kämpft am Ende doch einfach nur ums eigene Überleben.
Platzierung im Vormonat (1)
Im Norden ist alles vorhersehbar. Im Süden ist alles chaotisch, denn dort gibt es Magie. Quinn lebt ein ruhiges Leben im Norden. Das ändert sich aber, als er vom Tod seines Onkels erfährt. Der war Händler für magische Artefakte und hat Quinn zu seinem Haupterben bestimmt. Quinn will das Erbe eigentlich schnell abwickeln, doch im Süden trifft er auf Unerwartetes. Der Autor E.A. Vianden erzählt in diesem queeren Urban Fantasy Roman mit viel Witz von der Reise eines Ü40jährigen zu sich selbst.
Platzierung im Vormonat (4)
Ein absolut ungewöhnliches Buch für Leute, die Bücher, Phantastik, Videogames und/oder Visual Novels lieben! Aislyn lebt in einer Welt, in der man in Bücher eintauchen und sie wie Videospiele durchspielen kann. Doch nicht alle Bücher dienen der Erholung. Es gibt auch Strafbücher, die Verurteilte durchleben müssen, um geläutert zu werden. Als Aislyn auf der Suche nach der Bedeutung von Simas Fluch in so ein Buch gerät, beginnt eine ungewöhnliche, faszinierende und clever konstruierte Geschichte.
Platzierung im Vormonat (6)
In „Unsterblich sind nur die anderen“ geht Simone Buchholz mit vielen popkulturellen Anspielungen dem (Un-)Sinn des ewigen Lebens nach und verpackt es in einen Segelroman, in der das Patriarchat, die Autonomie des weiblichen Sexualbegehrens und Mutterschaft in unterschiedlichen Zeitebenen zeitgleich verortet und seziert werden: „ … endloser Spaß wird halt auch schnell langweilig.“ Ein Vorzeigeroman des jungen Genres der Schiffsbudologie, der mit Schwanzflosse und Selkiefell „Smash the patriarchy!“ schreit – oder segelt.
Platzierung im Vormonat (-)
Magie, Psychologie, Intrigen. In “The Atlas Six” werden sechs außergewöhnliche, junge Erwachsene auserwählt, um darum zu wetteifern, in die Alexandrinische Gesellschaft aufgenommen zu werden. Es lockt ein Leben voller Macht und Reichtum, doch bis dahin gilt es viele Prüfungen zu bestehen: Wem kann man vertrauen? Woher kommt die Gefahr? Und warum haben die Anworten auf diese Fragen selten etwas damit zu tun, wer Freund und wer Feind ist? Jede Figur hat ihren eigenen Plan und es macht unfassbar viel Spaß, beim Entfalten dieser Pläne zuzuschauen.
Platzierung im Vormonat (-)
Blutige Action, abscheuliche Monster und eine ordentliche Portion Body Horror: Bei Nebulapreisträger P. Djèlí Clark werden die Grauen von Jim Crow zu einer Zombiegeschichte, in der eine Gruppe Schwarzer Widerstandskämpfer*innen es mit dem Ku-Klux-Klan und boshaften Mächten aus einer anderen Dimension aufnehmen müssen. Während er die traumatische Geschichte der Sklaverei nicht beschönigt, macht er sie auch nicht zum Mittelpunkt und erinnert daran, dass in der afroamerikanischen Vergangenheit nicht nur Schmerz zu finden ist, sondern auch fast vergessene Traditionen wie der Ring Shout und eine starke gemeinsame Identität, aus der die Protagonistin ihre Kraft zieht. Eine Verneigung vor der Resilienz einer Kultur, die selbst unter furchtbarsten Bedingungen allen Auslöschunsgversuchen getrotzt hat.
CN: drastische Gewalt, Body Horror, rassistische Sprache (u.A. N-Wort)
Platzierung im Vormonat (-)
Der Titel ist Programm: In „Fairy Tale“ verzichtet Stephen King weitgehend auf den Horror, der ihn bekannt gemacht hat, um eine Zwei-Welten-Fantasy-Story über einen problembeladenen Teenager zu erzählen, der im Schuppen eines Nachbarn das Portal in eine magische Welt entdeckt. Eigenen Angaben zufolge schrieb King den Roman als mentalen Ausbruchsversuch aus der Lockdown-Situation. Den Spaß, den er sich damit gegönnt hat, merkt man dem Roman deutlich an.
Platzierung im Vormonat (5)
In Mentano, einer streng hierarisch organisierten Welt unter einer Glasglocke, verdient sich die 17-jährige Fawn ihr Geld mit dem Entlarven von Lügen, was ihr mit sog. Roter Magie gut gelingt. Diese Lügen verkauft sie dann meistbietend an die Dunkeldiebe. Als sie in deren Auftrag in das Haus einer mächtigen adeligen Familie eingeschleust werden soll, um deren Geschichten auf Wahrheitsgehalt zu überprüfen und die brisantesten Lügen zu liefern, gerät sie in ein dicht gewebtes Netz von Lügen, Wahrheiten und die Hintergründe von Mord und vor allem das Geheimnis ihrer Mutter, die offensichtlich eine Doppelagentin des Königs war und ihr ein dubioses Erbe hinterlassen hat. Das Spiel mit der permanenten Unsicherheit zwischen Lüge und Wahrheit und den damit mehr oder wenger glaubhaften Gefühlen – vor allem dem männlichen Adelssproß Caeden gegenüber – hält den Leser in Dauerspannung und lässt die Aktualität der Wirkung von sog. “fake news” mehr als deutlich hervortreten.
Platzierung im Vormonat (9)
Die 17-jährige Yada lebt mitten in der Ostsee: Die „Seestatt“ ist ein schwimmender, unabhängiger Ort, den ihr exzentrischer Vater mit anderen Visionären zusammen entworfen hat, eine Art Insel-Utopie des 21ten Jahrhunderts. Sie sollte nachhaltig sein, keinen Müll produzieren, ein Öko-Projekt der Superlative. Leider läuft der Laden schon lange nicht mehr rund und Yada hinterfragt immer öfter die Dinge, die ihr der Vater über das Festland erzählt, ihre aktuelle Lage, ihre tote Mutter. Als eine junge Frau als Neuzugang auf die Insel kommt, werden Yada die Augen geöffnet … Die Autorin schreibt ohne viel Klim-Bim, aber dennoch so, dass man sehr bei den Figuren dabei ist und ab der ersten Seite mitfiebert.
Platzierung im Vormonat (10)
“Die sechs Kraniche” von Elizabeth Lim wird als “hochromantische Fantasy!” beworben, es handelt sich aber um ein Mash-up von “Die sechs Schwäne”, der Legende von der Mondgöttin Chang’e und dem “Taketori Monogatari”, bei dem die Prinzessin Shiori’anma zum Einstieg der Geschichte in den See springt, weil sie keinen Bock hat zu heiraten. Das tut sie auch nicht, sie wird für ihre Magie mit einem Fluch belegt und verbannt. Ohne Stimme geht sie auf die Suche nach ihren Brüdern und gerät dabei in eine Intrige, die sich um ihr Königreich dreht. Bonus: Wer vorher Lims Dilogie “Ein Kleid aus Seide und Sternen” gelesen hat, bekommt eine Menge weltenbauerischer Easter-Eggs …
Platzierung im Vormonat (-)
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