Das sind die besten phantastischen Romane der letzten 12 Monate. Jeden ersten Freitag im Monat stellen unabhängige Literaturkritiker*innen und Phantast*innen die besten Romane des Genres vor.
Blutige Action, abscheuliche Monster und eine ordentliche Portion Body Horror: Bei Nebulapreisträger P. Djèlí Clark werden die Grauen von Jim Crow zu einer Zombiegeschichte, in der eine Gruppe Schwarzer Widerstandskämpfer*innen es mit dem Ku-Klux-Klan und boshaften Mächten aus einer anderen Dimension aufnehmen müssen. Während er die traumatische Geschichte der Sklaverei nicht beschönigt, macht er sie auch nicht zum Mittelpunkt und erinnert daran, dass in der afroamerikanischen Vergangenheit nicht nur Schmerz zu finden ist, sondern auch fast vergessene Traditionen wie der Ring Shout und eine starke gemeinsame Identität, aus der die Protagonistin ihre Kraft zieht. Eine Verneigung vor der Resilienz einer Kultur, die selbst unter furchtbarsten Bedingungen allen Auslöschunsgversuchen getrotzt hat.
CN: Drastische Gewalt, Bodyhorror, rassistische Sprache (u.A. N-Wort)
Platzierung im Vormonat (6)
Als Kenji stirbt, bleiben seine Frau Annabelle und Sohn Benny tief traumatisiert zurück. Annabelle verliert die Kontrolle über die Menge an Dingen in ihrem Haus und Benny beginnt die Stimmen dieser Dinge zu hören. Die Schuhe, die Vorhänge, die Fensterscheiben. Sie alle haben plötzlich etwas zu sagen! Als eine Schere aufmüpfig wird und er sich damit selbst verletzt, wird ihm eine psychische Störung diagnostiziert und er muss in eine Klinik. Dort trifft er Aleph, ein wunderschönes Mädchen, das ihn später mitnimmt in ihre Welt auf der Straße. Sie zeigt ihm die Wichtigkeit von Kunst, die Vielfalt von Büchern und vor allem hält sie ihn nicht für verrückt. Ein Coming-of-Age Buch eines Jungen, das die Leidensgeschichte einer verstörten Mutter mit japanischer Zen-Philosophie und amerikanischem Zeitgeschehen zu verbinden weiß.
Platzierung im Vormonat (-)
Im Norden ist alles vorhersehbar. Im Süden ist alles chaotisch, denn dort gibt es Magie. Quinn lebt ein ruhiges Leben im Norden. Das ändert sich aber, als er vom Tod seines Onkels erfährt. Der war Händler für magische Artefakte und hat Quinn zu seinem Haupterben bestimmt. Quinn will das Erbe eigentlich schnell abwickeln, doch im Süden trifft er auf Unerwartetes. Der Autor E.A. Vianden erzählt in diesem queeren Urban Fantasy Roman mit viel Witz von der Reise eines Ü40jährigen zu sich selbst.
Platzierung im Vormonat (2)
Der Nachfolger von Hugo Award Winner “Im Herzen des Imperiums” macht alles genau richtig und setzt die Geschichte atemlos dort fort, wo sie im ersten Teil endete: Eine unbekannte Alien-Spezies greift Planeten am Rande des Imperiums an, und wer könnte besser zwischen dem Imperium und Fremden vermitteln als eine Fremde selbst. So wird Mahit Dzmare wieder in politische Ränke gezogen und kämpft am Ende doch einfach nur ums eigene Überleben.
Platzierung im Vormonat (1)
Magie, Psychologie, Intrigen. In “The Atlas Six” werden sechs außergewöhnliche, junge Erwachsene auserwählt, um darum zu wetteifern, in die Alexandrinische Gesellschaft aufgenommen zu werden. Es lockt ein Leben voller Macht und Reichtum, doch bis dahin gilt es viele Prüfungen zu bestehen: Wem kann man vertrauen? Woher kommt die Gefahr? Und warum haben die Anworten auf diese Fragen selten etwas damit zu tun, wer Freund und wer Feind ist? Jede Figur hat ihren eigenen Plan und es macht unfassbar viel Spaß, beim Entfalten dieser Pläne zuzuschauen.
Platzierung im Vormonat (5)
“Die sechs Kraniche” von Elizabeth Lim wird als “hochromantische Fantasy!” beworben, es handelt sich aber um ein Mash-up von “Die sechs Schwäne”, der Legende von der Mondgöttin Chang’e und dem “Taketori Monogatari”, bei dem die Prinzessin Shiori’anma zum Einstieg der Geschichte in den See springt, weil sie keinen Bock hat zu heiraten. Das tut sie auch nicht, sie wird für ihre Magie mit einem Fluch belegt und verbannt. Ohne Stimme geht sie auf die Suche nach ihren Brüdern und gerät dabei in eine Intrige, die sich um ihr Königreich dreht. Bonus: Wer vorher Lims Dilogie “Ein Kleid aus Seide und Sternen” gelesen hat, bekommt eine Menge weltenbauerischer Easter-Eggs …
Platzierung im Vormonat (10)
In „Unsterblich sind nur die anderen“ geht Simone Buchholz mit vielen popkulturellen Anspielungen dem (Un-)Sinn des ewigen Lebens nach und verpackt es in einen Segelroman, in der das Patriarchat, die Autonomie des weiblichen Sexualbegehrens und Mutterschaft in unterschiedlichen Zeitebenen verortet und seziert werden: „ … endloser Spaß wird halt auch schnell langweilig.“ Ein Vorzeigeroman des jungen Genres der Schiffsbudologie, der mit Schwanzflosse und Selkiefell „Smash the patriarchy!“ schreit – oder segelt.
Platzierung im Vormonat (4)
In Mentano, einer streng hierarisch organisierten Welt unter einer Glasglocke, verdient sich die 17-jährige Fawn ihr Geld mit dem Entlarven von Lügen, was ihr mit sog. Roter Magie gut gelingt. Diese Lügen verkauft sie dann meistbietend an die Dunkeldiebe. Als sie in deren Auftrag in das Haus einer mächtigen adeligen Familie eingeschleust werden soll, um deren Geschichten auf Wahrheitsgehalt zu überprüfen und die brisantesten Lügen zu liefern, gerät sie in ein dicht gewebtes Netz von Lügen, Wahrheiten und die Hintergründe von Mord und vor allem das Geheimnis ihrer Mutter, die offensichtlich eine Doppelagentin des Königs war und ihr ein dubioses Erbe hinterlassen hat. Das Spiel mit der permanenten Unsicherheit zwischen Lüge und Wahrheit und den damit mehr oder wenger glaubhaften Gefühlen – vor allem dem männlichen Adelssproß Caeden gegenüber – hält den Leser in Dauerspannung und lässt die Aktualität der Wirkung von sog. “fake news” mehr als deutlich hervortreten.
Platzierung im Vormonat (8)
Ein surrealer Zeitkrieg und eine atemberaubende SF-Liebesgeschichte: Rot blickt über das Schlachtfeld, Blut in den Haaren, keine Überlebenden. Im Auftrag der Agentur hat sie dafür gesorgt, dass niemand all die Zukünfte, in denen die Agentur herrscht, verhindern kann. In einem Krater entdeckt sie etwas Unerwartetes: ein cremfarbenes Stück Papier, einen Brief ihrer Erzfeindin Blau, die ihre Pläne vereitelt hat – und Rots Neugier geweckt. Es entbrennt ein intimer Briefwechsel, in dem sie sich gegenseitig ihre Überlegenheit demonstrieren und ihre Botschaften in verschiedensten Zeitaltern verstecken. In Vogelfedern, kochendem Wasser oder auch giftigen Beeren. Bald wandelt sich die Feindschaft in Bewunderung, Vertrauen und Leidenschaft …
Platzierung im Vormonat (-)
Hetty und Byatt leben auf einer Insel vor der amerikanischen Küste, dort befindet sich ein Mädchen-Internat für Kinder von Eltern, die im Militär dienen. Ihre Vorräte erhalten sie von der Navy, das Internatleben an sich ist sehr eintönig im Alltag. Eines Tages bricht eine seltsame Seuche in der Schule aus. Die Mädchen werden plötzlich gewalttätig, die Lehrer sterben, ihre Körper verändern sich auf gruselige Weise. Byatt verschwindet und Hetty muss die große Regel der Schule brechen: Verlasse niemals das Grundstück, halte dich niemals außerhalb des Zaunes auf. Hetty deckt ein dichtes Gewebe an Lügen auf, sowie auch ihre eigentlichen Gefühle für ihre beste Freundin. Ein sonderbares Buch, das aber eine gewaltige Sogwirkung entwickelt.
Platzierung im Vormonat (-)
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